Die Frühzeit des römischen Truppenstandortes Gelduba /Krefeld-Gellep

Vortrag von Robert Fahr am 09.11.2011 in Moers

Die besondere Bedeutung von Geldubas/Krefeld-Gellep in römischer Zeit erklärt sich auf Grundlage der geographischen und topographischen Lage des Platzes. In mehrfacher Hinsicht handelt es sich um eine Grenzsituation. Nur wenige 100 m nördlich (wahrscheinlich markiert durch den heutigen Linner Mühlenbach) verlief die Grenze zwischen dem südlich gelegenen Territorium der Ubii (bzw. seit der Coloniegründung unter Claudius der Colonia Claudia Agrippinensium) und dem Territorium der Cugerni (bzw. seit der Coloniegründung unter Traian der Colonia Ulpia Traiana) im Norden. Gelduba lag also sozusagen auf Kölner Stadtgebiet. Gleichzeitig befindet sich mit der Kempener Platte unmittelbar westlich von Gelduba die nördlichste Siedlungskammer, in der sich bis spätestens in flavischer Zeit die intensive römische Landwirtschaft mit Siedlungen vom villa rustica-Typ gänzlich durchgesetzt hat. Weiter nördlich hielten sich zumindest stellenweise während der gesamten römischen Kaiserzeit eine eher extensive Landnutzung und Wohnstallhäuser aus einheimischer Tradition. Und nicht zuletzt ist natürlich die Lage an der Grenze zwischen dem niedergermanischen Heeresdistrikt bzw. der Provinz Germania inferior auf der linken Rheinseite und dem "freien Germanien" auf der rechten Rheinseite von Bedeutung.

Zugleich lag der Ort an einem wichtigen verkehrsgeographischen Kreuzungspunkt: Es ist zu vermuten, dass im Raum Gelduba mindestens bis ins frühe Mittelalter der Hellweg auf den Rhein traf. Der Hellweg fand seine Fortsetzung nach Südwesten in Gestalt einer wahrscheinlich in frühflavischer Zeit angelegten Straßenverbindung von Gelduba über Traiectum/Maastricht nach Aduatuca Tungrorum/Tongeren. Somit beherrschte Gelduba den Kreuzungspunkt des Rheins bzw. der rheinparallelen Heerstraße mit einer der wichtigsten natürlichen Handels- und militärischen Vormarschrouten in die Tiefe des rechtsrheinischen Germanien einerseits und des linksrheinischen Provinziallandes andererseits.

Abb. 1: Grabinschrift des vexillarius Aurelius der cohors II Varcianorum

Auch in engerer siedlungstopographischer Hinsicht wies der Platz besonders günstige Merkmale auf. Die Lage auf einem weichseleiszeitlichen Dünenrücken unmittelbar am oberen Ende eines langgezogenen Prallhanges bot jederzeit problemlosen Zugang zum Rheinstrom als dem wichtigsten Verkehrsweg bei gleichzeitiger Sicherheit vor Hochwasser und Erosion. Letzterer Vorteil ist in den weiter vom Strom entfernten Bereichen der Niederterrasse nicht gegeben, da diese von zahlreichen Spülrinnen durchzogen ist, die bei Hochwasser überflutet werden. Die Lage am Hauptstrom machte es zugleich unwahrscheinlich, dass der Ort durch Verlandung vom Wasserweg abgeschnitten werden konnte, wie dies etwa dem römischen Asciburgium/ Moers-Asberg schon im 2. Jh. n. Chr. wiederfahren ist. Die Aue bot genügend Weidefläche für zahlreiche Kavalleriepferde und die Nähe zu den oben erwähnten Bördenlandschaften erleichterte die Lebensmittelversorgung der Garnison.

Es kann also nicht verwundern, dass Hinweise auf eine Besiedlung spätestens ab der vorrömischen Eisenzeit vorliegen. Die ältesten Siedlungsspuren der römischen Kaiserzeit fanden sich auf dem Geländesporn zwischen dem Linner Mühlenbach und dem ehemaligen Rheinufer. Aussagen zur Siedlungsstruktur und zum Siedlungstyp stehen derzeit unter dem Vorbehalt, dass nur zwei relativ kleine, unzusammenhängende Flächen ergraben sind. Die Siedlung wurde wahrscheinlich in tiberischer Zeit gegründet und wurde von einer schon weitgehend romanisierten Bevölkerung bewohnt. Auch hieß sie bereits Gelduba. Mit aller Vorsicht lässt sich derzeit sagen, dass es sich nicht um eine Militäranlage, sondern um eine zivile (ubische?) Ansiedlung handelt. Jedenfalls fanden sich bislang keine für eine Kastellinnenbebauung typischen Baubefunde und auch keine dauerhafte Befestigung, wenn man von einer ringförmigen Grabenanlage absieht, die anscheinend nur kurzfristig im Bataveraufstand angelegt wurde. Außerdem fand sich in der Siedlung eine gewisse Anzahl militärischer Kleinfunde.  Das gleichzeitige Vorhandensein einer militärischen Wachmannschaft unbekannter Stärke kann also nicht ausgeschlossen werden und ist angesichts der Lage unmittelbar am Rhein vielleicht sogar wahrscheinlich. Mit Sicherheit jedoch hatte der Platz während des Bataveraufstandes, im Herbst des Jahres 69 n. Chr. eine starke Besatzung.  Der obergermanische Statthalters Hordeonius Flaccus und der Kommandeur der IV. Legion, Dillius Vocula zogen hier Abteilungen der Mainzer, Bonner und Neußer Legionen sowie zahlreicher Hilfstruppen zusammen. Zweck der Operation war der Entsatz des Legionslagers Vetera/Birten, das von den Bataver unter Civilis belagert wurde.  Wir erfahren aus Tacitus' Historien Buch IV (Kap. 24-26, 27, 31, 33, 35,58, dass sich die Legionen mehrerer Angriffe der Germanen bei Gelduba zu erwehren hatten. Bei den weiträumigen Ausgrabungen im Gräberfeld wurden an vielen Stellen mögliche Relikte aus dem Herbst des Jahres 69 gefunden: Spitzgräben Feldbacköfen und andere Befunde des Feldlagers, zahlreiche militärische Kleinfunde, mehrere hundert Bestattungen von bei den oben erwähnten Kämpfen getöteten Pferden und weiteres. Die ältere Siedlung  Gelduba wurde gewaltsam zerstört und nicht wieder aufgebaut. Der Siedlungskern verlagerte sich mit der Kastellgründung einige 100 m nach Süden.

Abb. 2: Ziegelstempelder cohors II Varcianorum equitata CR (PF?)

Eine wichtige Information über die Topographie des Ortes kurz nach dem Bataveraufstand ist in einer literarischen Quelle enthalten. Mit der Formulierung Gelduba appellantur castellum Rheno inpositum beschreibt Plinius d.Ä. zweifellos den Zustand, den man zu seinen Lebzeiten vorgefunden hat: In der Tat liegt das bis jetzt bekannte Kastell "hoch über dem Rhein" auf dem oben erwähnten Dünenrücken. Von den insgesamt neun Perioden des Kastells waren die ersten drei als reine Holz-Erde-Anlagen ausgeführt. Dabei werden die oben erwähnten kurzfristigen Befestigungen aus dem Bataveraufstand als Periode I gezählt, da sie auch im Kastellgrabungsgelände nachgewiesen sind. Das älteste Dauerkastell (Periode II) wurde in frühestflavischer Zeit gegründet. Durch stratifizierte Fundmünzen gilt für die Innenbauten ein terminus post quem im Jahr 71 n. Chr. Der Zusammenhang mit den großflächigen Wiederaufbaumaßnahmen, die überall in Niedergermanien nach dem Bataveraufstand zu beobachten sind liegt auf der Hand. An festen Daten sind hier etwa eine dendrodatierte Holzbrücke über die Niers bei Neersen (72 n. Chr. +/- 10)  zu nennen oder die Inschrift eines Siegesdenkmals der Legio VI Victrix, das im Jahr 73 n. Chr. bei Vetera/Birten eingeweiht wurde. Bei dem Kastell Gelduba handelt es sich zunächst um eine reine Holz-Erde-Anlage mit einer als Rasensodenmauer ausgeführter Umwehrung und Innengebäuden in Fachwerktechnik. Die umwehrte Nutzfläche betrug etwa 2,02 ha. Gut bekannt ist ein Teil der Innenbebauung in der Westecke; hier standen vier Baracken, die wegen der in den Boden eingegrabenen Jaucherinnen als Stallkasernen zur Unterbringung von Kavallerie angesprochen werden können. Die Periode II war nur bis in die 80er Jahre des 1. Jh. n. Chr. in Benutzung, wurde dann abgebrochen und durch die ebenfalls als reine Holz-Erde-Anlage mit Rasensodenmauer ausgeführte Periode III ersetzt. Für die Errichtung der Innenbauten der Periode III ist ein fundmünzdefinierter terminus post quem im Jahr 85 n. Chr. gegeben. Die Nutzungsspanne der Periode II von den frühen 70er bis in die 80er Jahre des ersten Jh. n. Chr. lässt sich auch durch die weiteren Fundgattungen (v.a. Feinkeramik) belegen. Die Periode III war mit ca. 2,5 ha Nutzfläche größer als die Periode II, wies eine ganz ähnliche Innenbebauung auf und benutzte auch das Hauptstraßennetz der Periode II weiter. Nach und nach wurden im Verlauf des zweiten Jh. n. Chr. Fachwerk- und Holz-Erde-Gebäude im Kastell durch dauerhaftere Steinbauten ersetzt. Den Anfang machte die steinerne Kastellumwehrung (Per. IV). Deren Datum lässt sich zeitlich nicht so genau fassen, frühestens in spättraianischer oder frühhadrianischer Zeit.

Abb. 3: Ziegelstempel der ala Sulpicia CR

Von frühflavischer Zeit an war der Platz also bis über das Ende der Römerherrschaft im 5. Jh. n. Chr. hinaus besiedelt, genauer: militärisch besetzt. Eine Vielzahl von Graffiti (RitzInschriften auf Keramiken) aus dem Kastell und allgemein aus Krefeld-Gellep nennt Angehörige von turmae (Reiterzügen) als Besitzer/Benutzer der Gefäße, so dass man auch hier auf eine Truppe mit berittener Komponente rückschließen kann, also entweder um ein reines Kavallerieregiment (ala) oder um ein teilberittenes Regiment (cohors equitata). Soweit wir wissen bestand eine idealtypische ala quingenaria (d.h. nominell ca. 500 Mann stark) aus 16 turmae zu je 30 Mann, war also ca. 480 Mann stark. Demgegenüber waren die ebenfalls ca. 480 Mann einer idaeltypischen cohors equitata quingenaria auf wahrscheinlich vier turmae und vier centuriae (Infanteriezüge) verteilt. Es sei jedoch betont, dass unser Quellenbestand zur Gliederung römischer Auxiliareinheiten recht mager ist und überdies mit mehr oder weniger starken Abweichungen von solchen Idealschemata gerechnet werden muss. Durch diese Inschriften lernen wir Garnisonsangehörige namentlich kennen, z.B. die decurionen (Reiterzugführer) Capito, Rusticus und Senilis.

Durch gestempelte Ziegelfunde und ein Grabsteinfragment sind für das letzte Drittel des ersten Jahrhunderts n. Chr. zwei verschiedene solcher Hilfstruppenregimenter in Krefeld-Gellep belegt: Die Cohors II Varcianorum equitata CR (PF?) und die Ala Sulpicia CR. Ganz wenige weitere Gelleper Ziegelfunde sind Auxiliareinheiten zuzuweisen (z.B. Numerus Ursariensium), die mit Sicherheit in anderen Orten stationiert waren und somit als Garnison Geldubas nicht in Betracht kommen. Es muss außerdem darauf hingewiesen werden, dass keiner der genannten Auxiliarziegel im Kastell selber gefunden wurde. Im Kastell selber wurden bislang nur Ziegel aus der Produktion der verschiedenen niedergermanischen Legionen, aus den tegularia transrhenana, aus der zentralisierten Produktion des 2. Jh. n. Chr.  sowie auffallend zahlreich aus einer Zivilziegelei (MVALSANO) gefunden. Die beiden gestempelten Ziegel der Cohors II Varcianorum CR wurden bei der Anlage des Krefelder Rheinhafens aufgelesen. Die Mehrzahl der Ziegel der Ala Sulpicia CR stammt aus dem ältesten Kastellbad, das gleichzeitig mit der Periode II des Kastells in Benutzung war. Es handelt sich hier nicht nur um die einzigen gestempelten Ziegel dieses Truppenverbandes, sondern um die einzigen gestempelten Ziegel einer ala in Niedergermanien überhaupt. Reine Reiterregimenter wurden anscheinend normalerweise nicht für Ziegeleidienste herangezogen. In den frühen 70er Jahre des ersten Jh. n. Chr. dürfte jedoch in Niedergermanien aufgrund des Wiederaufbeaus nach dem Bataveraufstand ein enormer Baustoffbedarf geherrscht haben. Darum war die Ala Sulpicia CR gezwungen, bestimmte Spezialziegel für ihr Badegebäude selber herzustellen. Diese Ziegelfunde beanspruchen als Quellen für die Frage nach der Gelleper Garnison ein besonderes Gewicht, denn die Ergebnisse dieser zeitlich und mengenmäßig äußerst beschränkten Ziegeleitätigkeit haben den Garnisonsort der Truppe sicher nicht verlassen.

Abb. 4: Periode II des Kastells

Bei der Ala Sulpicia CR handelt es sich wahrscheinlich um eines der Auxiliarregimenter, die laut Tacitus' Historien zusammen mit der Legio VII Galbiana von Galba in Spanien bei seiner Kaisererhebung als Teil seiner militärischen Hausmacht aufgestellt worden war. Wahrscheinlich kam die Truppe mit Petilius Cerialis zur Niederschlagung des Bataveraufstandes im Verlauf des Jahres 70 n. Chr. nach Niedergermanien und war, wie die Truppenlisten der Militärdiplome zeigen, von diesem Zeitpunkt an bis mindestens in die Mitte des zweiten Jh. n. Chr. in der Provinz stationiert. Es gibt anderenorts nirgends inschriftliche Hinweise auf diese Truppe, abgesehen von solchen am Statthaltersitz in Köln. Durch die Gelleper Ziegelfunde ist der ehrende Beiname CR (civium Romanorum, d.h. "kollektiv mit dem römischen Bürgerrecht ausgezeichnet") schon für die frühflavische Zeit belegt. Er wurde entweder im Bataveraufstand erworben oder in einem nur schemenhaft bekannten "Bruktererkrieg" der frühflavischen Zeit. Über diesen Krieg wissen wir praktisch nur, dass er in den 70er Jahren des 1. Jh. ausgefochten wurde und zur  Gefangennahme der germanischen Seherin Veleda führte, die eine Schlüsselrolle bei der Beteiligung der rechtsrheinischen Germanen am Bataveraufstand gespielt hatte. Wir kennen von Kölner Grabinschriften mehrere Mannschaften der Ala Sulpicia CR aus dem letzten Drittel des 1. Jh. n. Chr., darunter z.B. den eques M. Aemilius Durises aus der turma des Nepos. Durises wurde 36 Jahre alt und hat 16 Jahre gedient. Er war also im Alter von 20 Jahren in Thrakien (denn darauf deutet sein cognomen hin) rekrutiert worden. Da er die tria nomina führte, dürfen wir mutmaßen, dass er einer jener Soldaten war, für deren besondere Leistungen die Truppe kollektiv mit dem Bürgerrecht ausgezeichnet wurde. Er verstarb noch vor Ende seiner Dienstzeit. Zu dieser Zeit hielt er sich offensichtlich nicht bei seiner Stammeinheit in Gelduba auf, sondern war zum Statthaltersitz in Köln abkommandiert. Er könnte den spanischen Ritter Pompeius Faventinus kennengelernt haben. Dieser war, wie wir aus einer Ehreninschrift in seiner Heimatstadt Asturica/Astorga (Prov. Léon/E) erfahren, etwa zur gleichen Zeit Kommandeur der Ala Sulpicia CR und hat sich folglich in Gelduba aufgehalten. Faventinus hat damals mehrere hohe militärische Auszeichnungen erhalten, wahrscheinlich ebenfalls in dem erwähnten Bruktererkrieg, machte dann aber weiter keine besondere Karriere im kaiserlichen Dienst, sondern kehrte in seine Heimat zurück und begnügte sich dort mit städtischen Ehrenämtern.

Die genauen Umstände und der Zeitpunkt der Gründung der Cohors II Varcianorum equitata CR (PF?) sind umstritten. Sicher ist jedoch aufgrund des Namens, dass die Truppe ursprünglich in der keltischen civitas der Varciani in der Gegend von Siscia (Sisak/HR) in der Provinz Pannonia superior rekrutiert wurde. Sie ist durch mehrere Inschriften von zu verschiedenen Aufgaben abkommandierten Soldaten an verschiedenen Orten Niedergermaniens belegt und erscheint in allen Militärdiplomen der Provinz seit 95 n. Chr. Der Grund für den Beinamen CR ist unbekannt, man könnte aber durchaus die gleiche Ursache wie bei der Ala Sulpicia CR vermuten. Der Beiname PF (pia fidelis, d.h. "fromm und treu"), der allerdings für die Cohors II Varcianorum nicht völlig sicher belegt ist, bezieht sich auf den Putschversuch des obergemanischen Statthalters Lucius Antonius Saturninus, der im Jahre 89 n. Chr. durch das niedergermanische Heer niedergeschlagen wurde. Wir kennen z.B. durch den Gelleper Grabstein den vexillarius (Fahnenträger, ein Unteroffiziersrang) Aurelius und durch einen Kölner Weihealtar den miles (Fußsoldat) Petitor, Sohn des Piriborus, der, wie der Name zeigt, ebenfalls thrakischer Herkunft war und zeitweilig an den zur Fußgarde des Provinzstatthalters abkommandiert war. Wie man am Namen sieht, besaß er, als der den Altar stiftete, im Gegensatz zu den bisher bekannten Reitern der ala Sulpicia CR noch nicht das römische Bürgerrecht, sondern würde es erst am Ende seiner Dienstzeit erhalten. Arbeitskommandos der Cohors II Varcianorum CR waren, wie dort gefundene Weihealtäre zeigen, mehrfach in den Steinbrüchen im Brohltal tätig, u.a. unter dem Kommando des centurio Iulius Verecundus. Auch von der Cohors II Varcianorum CR ist ein ritterlicher Kommandeur der frühflavischen Zeit bekannt. Im Gegensatz zu dem Spanier Pompeius Faventinus ist der Italiker C. Minicius Italus aus Aquilea (Prov. Udine/IT) nach seiner Militärdienstzeit in höchste ritterliche Ämter aufgestiegen. Er war  unter anderem praefectus annonae und schließlich kaiserlicher Statthalter in Ägypten.

Abb. 5: Periode III des Kastells

Welche Truppe nun aber tatsächlich im Kastell gelegen hat, kann zur Zeit nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden. Der Baubefund des Kastells erlaubt immerhin gewisse Rückschlüsse, auch wenn sich kein eindeutiges Bild ergibt. Einerseits verweist die Nutzfläche der Periode II von wenig mehr als zwei Hektar am ehesten auf eine cohors equtitata quingenaria als Besatzung. Andererseits ist auf die vier Stallkasernen zu verweisen, die bereits in der Westecke nachgewiesen sind. Da von einer achsensymmetrischen Bebauung dieser Kastellhälfte auszugehen ist, muss man die Existenz von vier weiteren, also mindestens acht Stallkasernen allein in der Südhälfte des Kastells annehmen. Man geht heute davon aus, dass üblicherweise eine Kaserne zur Unterbringung genau einer Teileinheit (turma oder centuria) genutzt wurde,  dass somit die Anzahl und Ausstattung der Kasernen eines Kastells die Binnengliederung des stationierten Truppenverbandes reflektiert. Mit acht turmae wäre die Anzahl der für eine cohors equitata quingenaria üblichen Reiterzüge (nämlich vier) bereits weit überschritten. Überdies lassen sich die weiteren acht für eine ala quingenaria benötigten Stallbaracken problemlos auf der Nutzfläche der Periode II unterbringen, die, wie der Befund in der Westecke ja auch zeigt, besonders eng bebaut war.  Obendrein sind die oben erwähnten Ziegelfunde der Ala Sulpicia CR zumindest zeitlich eindeutig mit dieser Periode zu verknüpfen. Damit wird die ala Sulpicia CR als zumindest zeitweilige Kastellbesatzung in den 70er und frühen 80er Jahren sehr wahrscheinlich.

Eine ähnlich Argumentation gilt mutatis mutandis auch für die Periode III: Auch hier ist von mindesten acht Stallkasernen auszugehen. Die Ausweitung der Nutzfläche ist nicht durch eine veränderte Struktur der Innenbebauung, sondern durch deutlich breitere Straßen und die Ausstattung der Kasernen mit Portiken bedingt. Damit spricht auch hier der Baubefund am ehesten für eine ala quingenaria. Womöglich handelte es sich nach wie vor um die Ala Sulpicia CR. Es gibt jedenfalls keinen Grund für die Vermutung, dass mit dem Umbau von der Periode II zur Periode III auch ein Wechsel der Garnison verbunden war.  Wo aber ordnet man nun die Cohors II Varcianorum CR ein, die ja sogar durch zwei verschiedene Inschriftengattungen (gestempelte Ziegel und Grabinschrift) belegt ist, und auf die ebenfalls jeglicher Nachweis an anderen Orten (abgesehen von Köln und den Brohltalbrüchen) fehlt? Das muss beim derzeitigen Grabungsstand offengelassen werden. Vielleicht hat sie die ala Sulpicia CR zeitweilig vertreten, wenn diese an andere Frontabschnitte verlegt war, wofür zwar bisher jeglicher Hinweis fehlt, was aber für einen Elite-Kavallerieverband durchaus denkbar ist. Denkbar ist auch die Existenz eines zweiten, bisher noch nicht lokalisierten Kastells in Krefeld-Gellep, denn große Flächen sind entweder noch nicht erforscht oder sogar bei der Anlage des Krefelder Rheinhafens unbeobachtet abgebaggert worden. Und schließlich sollte man mit der Möglichkeit rechnen, dass in Gelduba nur Teile beider Einheiten gleichzeitig im Kastell stationiert gewesen sind. Damit wären allerdings alle Betrachtungen zum Flächeninhalt des Kastells und seiner Innenbebauung obsolet.

 

 

 

 

 

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